So wird dem geneigten Leser vielleicht das eine oder andere Buch schmackhaft gemacht. Für alle jene die mit diversen Sach-Begriffen nichts anfangen können habe ich einige wenige kurze Erklärungen bzw. weiterführende Links hinzugefügt. Lasst euch davon nicht abschrecken. „Steal the fire from heaven“.
Es lohnt sich…
Kannst du mir zu Beginn vielleicht etwas über die Entstehungsgeschichte
von EDITION ROTER DRACHE (ERD) erzählen? Was waren deine Beweggründe einen eigenen Verlag zu gründen?
Asenath Mason, die damals die Leiterin der Loge Magan in Polen war und die ich durch Dragon Rouge* seit Jahren sehr gut kenne, erzählte mir, dass sie ein Büchlein geschrieben hat und einen Verlag dafür suche. Aus einer Laune heraus meinte ich, dass ich es verlegen würde, und schon war der Verlag geboren. Ich fragte daraufhin Thomas Karlsson, ob ich sein bis dato nur in Schwedisch erschienenes Buch „Kabbalah, Qliphoth und die Goetische Magie“ auf Deutsch veröffentlichen könnte und setzte mich zudem mit Kenneth Grant in Verbindung, weil ich unbedingt „Die Nachtseite von Eden“ im Programm haben wollte. Während Thomas in seinem Buch die Qliphoth** behandelt, erklärt Kenneth in seinem Buch die 22 Tunnel, die diese miteinander verbinden, es war also nur logisch auch dieses Buch im Programm zu haben.
Ein hauptsächlicher Beweggrund für meine Arbeit ist die Tatsache, dass es wenig gute Bücher zum Thema Magie auf dem Markt gibt, und diese meist lieblos gestaltet und mit schrecklichen Titelbildern versehen sind. Schön aufgemachte Bücher sind eher selten.
* Dragon Rouge ist ein nordisch drakonischer magischer Orden der sich mit dem „linkshändigen Pfad“, dem Vama Marga beschäftigt, siehe nächste Frage bzgl. Vama Marg oder hier für Dragon Rouge
** Bei den Qliphoth handelt es sich um das dunkle Gegenstück zu den Sephiroth, also den einzelnen „Stationen“ am kabbalistischen Baum des Lebens. Die Qliphoth sind somit die „Stationen“ auf dessen „Rückseite“ dem Baum des Todes. Weiterführendes dazu hier
Eure Veröffentlichungen haben schon einen Schwerpunkt beim so genannten „Pfad zur Linken Hand“ (LHP). Vielleicht kannst du jenen Lesern die magisch/okkult nicht so versierten sind kurz erklären was es damit auf sich hat.
Ha, gute Frage, weil die sich nicht mit wenigen Sätzen beantworten lässt. Die Unterscheidung „Pfad der linken Hand“ (Vama Marga) und „Pfad der rechten Hand“ (Dakshina Marga) stammen aus dem Hindu-Tantra und sind zwei unterschiedliche religiöse Konzepte. Im RHP sind zum Beispiel berauschende Mittel, Fleisch und Fisch verboten, während in LHP dies als religiöse Praxis ausdrücklich erwünscht ist. Im RHP wird versucht die weltliche Existenz zu überwinden, während im LHP diese voll ausgelebt wird. Beide Pfade haben jedoch das gleiche Ziel, nämlich die (Wieder-)Vereinigung mit dem Göttlichen.
Die moderne Interpretation in der magischen Praxis umfasst alles dunkle, wie Satanismus, Setianismus, Luziferismus, sprich jenes, was die Selbstvergöttlichung beinhaltet. Thomas Karlsson bezeichnet als LHP alles, was den Menschen von Gott trennt, um selbst zu einem Gott zu werden.
Der erste Verlagsuntertitel „Die Andere Seite der Magie“ ist eine Anspielung auf den Ausdruck Vama Marga, was „der linke Pfad“ wie auch „der weibliche Weg“ bedeutet. Die Bezeichnung „Fachverlag für okkulte und akademische Literatur“ sagt aus, dass wir einige akademische Titel im Programm haben. Wahre magische Literatur findet man heute zum großen Teil in Universitätsbibliotheken.
Was hat dich ganz persönlich zur Magie gebracht, gab es da so etwas wie eine Initialzündung oder hat sich das einfach mit der Zeit so ergeben?
Mit 11 Jahren hatte ich eine spontane Außerkörperliche Erfahrung. Damals wusste ich nicht was es ist und war überzeugt, dass ich für einen Augenblick tot war. Etwas später las ich in einem Katalog etwas über ein Buch mit dem Titel „Berichte vom Leben nach dem Tod“, was ich mir besorgte. Ich entdeckte die Parapsychologie für mich und kam in Kontakt mit Prof. Hans Bender, dem Gründer des „Institut für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie“. In der 10. Klasse lehrte die katholische Religionslehrerin Esoterik und führte mit den Schülern Experimente durch, und ich frug ob ich an diesen Sachen teilnehmen darf (Religion machte ich bis dato nicht mit, ich war sozusagen ein Gasthörer). Sie schenkte mir am Ende des Schuljahrs das Buch „Die sieben Säulen der Esoterik“, und so erforschte ich die Esoterik für mich und schloss mich 2 Jahre später einer hermetischen Loge an, in der ich Mitglied blieb bis ich 1996 zu Dragon Rouge kam.
Eure, durchwegs qualitativ hochwertigen, Bücher stechen schon alleine durch die schöne Aufmachung aus dem Gros der Veröffentlichungen heraus. Wenn ich da so an diverse andere Releases im Magie/Okkult Bereich denke, die zerfallen meistens schon nach dem ersten Mal lesen. Wie wichtig ist euch die Optik eines Buches? Es heist ja: “never judge a book by its cover“oder etwa doch?
Wie oben schon gesagt, die qualitativ schlechte Aufmachung war mit der Wichtigste Beweggrund dafür, die ERD zu starten. Unsere Hardcoverbücher sind immer mit Fadenheftung, die die Jahrhunderte überdauern, unser Papier ist immer hochwertig, das dicker ist als herkömmliches Buchpapier, und je nach Titel versuchen wir auch ein ansprechendes Layout hinzubekommen. Der Leser soll für sein Geld auch was bekommen, was eben nicht nach einmal Lesen zerfällt. Da der Großteil unserer Veröffentlichungen Nachschlagewerke sind, auf die man immer wieder zurückgreift, um mal was nachzulesen, ist es wichtig dass die Bücher die Zeit überdauern.
Was waren bisher deine persönlichen Lieblingsbücher bei ERD? Auf welche bist du besonders Stolz (ohne die andern zu schmälern natürlich ;))
Stolz bin ich auf alle Titel, ich publiziere nur das, was mir persönlich zusagt. Das wichtigste Buch ist das bereits erwähnte „Die Nachtseite von Eden“ von Kenneth Grant, aber auch Bücher wie „Im Kraftstrom des Satan-Seth“ von Frater Eremor, „Maat Magick“ von Nema, „Sol Tenebrarum“ von Asenath Mason oder „Der Kessel der Götter“ von Jan Fries sind für die magische Szene und für mich persönlich sehr wichtige Bücher.
Wie geht ihr bei der Auswahl von Manuskripten vor? Wie wählt ihr eure Autoren aus
Bei Manuskripten wird das genommen, was mich persönlich interessiert und das ich als Buch im Regal stehen haben möchte. Thema muss natürlich ins mittlerweile breite Spektrum des Verlags passen, der Schreibstil muss ein hohes Niveau besitzen und es sollte was sein, worüber es nicht bereits x andere Bücher gibt. Manchmal bin ich überrascht, dass ein Titel relativ gut läuft, weil ich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses überzeugt war, dass sich niemand außer mir dafür interessieren wird.
Bei Übersetzungen suche ich nach interessanten Titeln, die für die deutsche Szene interessant sind und wo ich mich wundere warum es dieses noch nicht in Deutsch gibt. Der deutschsprachige Raum hinkt dem Angelsächsischen gut 20-30 Jahre hinterher, Grants Bücher wurden bereits Anfang der 70er Jahre veröffentlicht und werden erst jetzt dem deutschsprachigen Lesern zur Verfügung gestellt.
Bekommt ihr eigentlich viele Einsendungen? Wie überlaufen ist dieser spezielle Buch Sektor überhaupt?
Ja, sehr viele, wobei 90% von vorne rein keine Chance hat weil sie Themen behandeln die mit dem Verlagsprogramm nicht vereinbar sind, zum Beispiel Engelgeschichten oder persönliche Erfahrungen, die die Welt nicht interessieren. Fast jeder, der einen PC besitzt, ist der Meinung ein Buch schreiben zu müssen. Unser Programm ist seit Sommer 2010 so voll, dass wir bis 2012 keine Angebote mehr annehmen.
Wie kam es dazu dass ihr der erste Verlag seid, der sich endlich der deutschen Übersetzung der, unschätzbar inspirierenden, Bücher Kenneth Grant’s angenommen hat? (Grant ist der noch letzte lebende Schüler von Austin Osman Spare und Aleister Crowley)
Das sind wir nicht. Die erste Übersetzung erschien bereits 1997 in der Edition Gaja (Verlag Rita Ruther) und es war das erste Buch der ersten typhonischen Trilogie „Wiederbelebung der Magick“. Jedoch floppte das Buch enorm und wurde verramscht. Heute zahlt man bis zu 180 Euro für ein Exemplar.
Der Pfad der Linken Hand musste in Deutschland erst einmal etabliert werden, war er doch zu lange ein Randthema in der Magie. Erst jetzt ist der deutschsprachige Raum bereit für die tiefgreifenden Werke eines Kenneth Grant oder Thomas Karlsson.
Werden nun nach und nach alle seine Bücher ins Deutsche übertragen und veröffentlicht?
Das ist der Plan. Da Grant 87 Jahre ist und schwer krank, hoffe ich so viel wie möglich zu schaffen, den ich weiß nicht wie es aussieht, wenn er mal nicht mehr ist. Ich bin gerade dabei einen zweiten Übersetzer zu beauftragen, der die Bücher außerhalb der Trilogien übersetzt, wie seine Aleister Crowley-Biographie oder sein Buch über Austin Osman Spare.
Ein Vöglein hat mir gezwitschert dass ihr „The Strange Sound of Cthulhu“ von Gary Hill in Deutsch herausbringen werdet, ein Buch das sich mit von H.P. Lovecraft beeinflusster Musik beschäftigt. Vielleicht magst du uns da schon etwas zu sagen? Ich persönlich fiebere diesem Buch schon jetzt entgegen.
Und Du glaubst dem Vöglein?
Gary Hill ist ein bekannter Musikjournalist, der sich mit Bands beschäftigt und viele von ihnen auch interviewt hat, deren Musik durch H.P. Lovecraft beeinflusst ist. Das Spektrum dabei reicht von Jazz und Psychedelic Rock über Punk und Gothic bis hin zu Metal. Parallel zu diesem Buch ist eine Doppel-CD geplant mit Musik dieser und weiterer Bands.
Welche Veröffentlichungen stehen 2011 sonst noch an?
Oh, einiges. Zu einem stehen noch ausstehenden Veröffentlichungen von 2010 an („Aleister Crowley und der verborgene Gott“ von Kenneth Grant und „Sol Tenebrarum“ von Asenath Mason, die zum Zeitpunkt des Interviews gerade druckfertig gemacht werden), dann das Frühjahrsprogramm mit dem Buch „Austin Osman Spare – Kunst und Magie“ von Gavin Semple, der einer der weltweit führenden Spare-Experten ist, einem neuem Buch von dem Mitbegründer der Chaos-Magie Peter J. Caroll mit dem Titel „Das Apophenion“. Dann eben das von dir erwähnte „The Strange Sounds of Cthulhu“, dem „Outside the Circles of Time“ vom Grant, das „Necro-Yoga – Die Physik der Finsternis“ von W.H. Müller, der durch seine Necronomicon-Studien sehr bekannt ist, den ersten Farbcomic von „Der Magus“, der die Harry Potter Geschichten auf die Schippe nimmt. Am besten von Zeit zu Zeit auf http://roterdrache.org/novitaten.html nachschauen, da bist du immer auf den aktuellsten Stand.
Neben zahlreichen Buch Veröffentlichungen gibt es dieses Jahr auch 2 Alben. Ein paar Worte darüber?
Es gibt zwei Alben aus dem Bereich Neofolk / Dark Folk und einem Sampler zum Buch „The Strange Sounds of Cthulhu“. Die erste Veröffentlichung ist die CD „Fountain Of Darkened Fires“ von Aeldaborn, die bereits durch ihre Mini-CD „The Serpent Drum“ und ihren zahlreichen Auftritten mit Bands wie Hekate, Sol Invictus oder Sieben auf sich aufmerksam gemacht haben, kommt im Frühjahr. Das Album wird gerade von Axel Frank („Werkraum“, „Sturmpercht“) abgemischt. Im Sommer erscheint ein bis dato unbenanntes Album der Band „Inneres Gebirge“, die erstklassigen, wunderschönen Neofolk spielen.
Hervorheben sollte man vielleicht auch das Shekinah Magazin das sich mit allen Formen von Magie und Okkultismus befasst. Erkläre unseren Lesern mal das Konzept des Shekinah etwas näher.
Shekinah ist ein okkult-magisches Magazin dass zwei Mal im Jahr in einem regalfreundlichen Buchformat erscheint, es schließt die Lücke, die Magazine wie AHA oder Der Golem hinterlassen haben. Neben Artikel und Interviews gibt es auch in jeder Ausgabe Rituale und eine Comic-Geschichte von Der Magus (von dem Künstler Voenix).
Man hört ja, dass es zurzeit wieder einen Esoterik Trend gibt wie schon lange nicht mehr. Was denkst du, bezieht sich das eher auf diverse, meiner Meinung nach, etwas seichte Lebensratgeber wie „The Law of Attraction“, oder spürt man diesen Trend auch in der ähmm sorry, dunkleren Ecke. Gibt es diesen Trend wirklich und wenn ja, was denkst du warum?
Die Esoterik-Schiene war nie wirklich tot und läuft seit mindestens 30 Jahren gut, nur die Themen ändern sich im Laufe der Zeit. In den 90ern waren zum Beispiel gechannelte Bücher Modern, dann kam die Weltuntergangs-Schiene (1999, 2012 und so), danach wieder Engelbücher und zur Zeit sind es Bestellungen und Reklamationen beim Universum, alles was mit dem Wort „Mohn-Methode“ bezeichnet wird (was auch immer das sein mag) und Lichternährung ist auch wieder In. Im magischen Bereich gibt es tatsächlich seit den 90ern Jahren verstärkt einen Trend zum Linkshändigen Pfad. Als ich Ende der 90er mit Dragon Rouge in Deutschland angefangen habe, gab es kaum jemanden der Grant kannte oder was von Qliphoth gehört hat, heute kennt fast jeder Magie-Interessierte beides. Als ich die ersten Dragon Rouge Materialen übersetzt habe, wusste ich nicht wie ich das schwedische Kliffoth übersetzen soll und benutze das Englische Qliphoth. Heute spricht der gesamte deutschsprachige Raum von Qliphoth, obwohl die korrekte deutsche Bezeichnung Kellipoth lautet.
Wie bereits erwähnt ist die erste Übersetzung eines Grant-Buchs 1997 gefloppt, es wurden keine 100 Stück verkauft. Heute verkaufen sich seine Bücher über 1000 Mal, ohne ein gesteigertes Interesse zu diesen Themen wäre dies nicht möglich. Dank guter Veröffentlichungen zum Thema durch Autoren, die wirklich was davon verstehen, ist der LHP aus dem Schatten des RHP gekommen, Magier und Esoteriker wagen sich mittlerweile an die Themen heran weil sie begriffen haben, das der Mensch seine dunklen Seiten nur überwinden kann, wenn er sich bewusst mit ihnen auseinander setzt und diese integriert. Dadurch wird die dunkle Seite zu einer wichtigen Kraftquelle.
Wo und wie kann man eure Bücher in Österreich beziehen?
Die Bücher können in jeder Buchhandlung innerhalb von 24h bestellt werden, da wir in Österreich eine sehr gut organisierte Auslieferung haben (Ennsthaler in Steyr). Ansonsten weiß ich dass die Buchhandlung 777 in Wien fast alle Titel auf Lager haben.
Ich danke dir für das Interview und wünsche weiterhin viel Erfolg!
Für weitere Infos oder um das Verlagsprogramm näher unter die Lupe zu nehmen: